- Lisa Pickmans PharmD
- Michael A. Smith PharmD, BCPS
- Patricia Keefer MD
- Adam Marks MD, MPH
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Hintergrund: Ischämischer Gliederschmerz (ILP) ist ein gefährlicher Zustand, der meist durch eine verminderte Gewebedurchblutung verursacht wird. Er manifestiert sich oft als distaler Schmerz der unteren Extremitäten, der bei Anstrengung auftritt und in Ruhe nachlässt – bekannt als Claudicatio intermittens (IC); oder als eine schwerere Form der Extremitätenischämie, die > 2 Wochen andauert und zu nicht heilenden Geschwüren oder Gangrän führt – bekannt als kritische Extremitätenischämie (CLI).
Hintergrund der Erkrankung: Obwohl auch andere medizinische Erkrankungen wie eine Vaskulitis oder eine tiefe Venenthrombose eine ILP verursachen können, ist die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) die häufigste Ursache einer ILP. Eine pAVK ist in der Regel kein isoliertes Gefäßproblem. Stattdessen ist sie oft ein Anzeichen für eine systemische Gefäßerkrankung. Folglich ist die pAVK häufig mit einer koronaren Herzkrankheit, einer chronischen Nierenerkrankung, einem Delirium, einer vaskulären Demenz und anderen chronischen Erkrankungen verbunden (3,5). Die pAVK ist oft progressiv: 20 % der Patienten mit pAVK entwickeln eine CLI und 20 % der Patienten mit CLI sterben innerhalb von 6 Monaten und 50 % sterben innerhalb von 5 Jahren (1,4).
Diagnose: Ein Knöchel-Brachial-Index (ABI) zwischen 0,4 und 0,9 bestätigt die Diagnose einer IC; CLI ist mit einem ABI von ≤ 0,4 assoziiert. Bei Patienten mit Diabetes, Nierenerkrankungen oder fortgeschrittenem Alter können die ABI-Ergebnisse aufgrund der beeinträchtigten Gefäßkompressibilität weniger genau sein (3,6). Bei diesen Patienten kann stattdessen ein systolischer Knöcheldruck von ≤ 50-70 mmHg oder ein Zehendruck von ≤ 30-50 zur Diagnose von CLI verwendet werden (2,3,7).
Hospizfähigkeit: Ein Hospiz sollte bei Patienten mit fortschreitender Ischämie trotz Amputation, signifikanten Komorbiditäten (CHF, ESR, Krebs oder COPD) und unheilbaren Infektionen in Betracht gezogen werden.
Die palliative Rolle der Revaskularisation: Ein wichtiges Sprichwort in der Gefäßmedizin lautet: Die Verbesserung der Durchblutung des ischämischen Gewebes verbessert oft die Schmerzen. Wenn also ein geeignetes vaskuläres Ziel vorhanden ist, kann eine Revaskularisation auch bei Patienten mit einer eingeschränkten Prognose sinnvoll sein, da Studien darauf hindeuten, dass sie den Verlust von Gliedmaßen verhindern, die Wundheilung fördern und die Lebensqualität durch eine rasche Verbesserung der refraktären Schmerzen verbessern kann (5,9). Die Revaskularisation wird typischerweise von einem Gefäßchirurgen durchgeführt und erfordert häufig einen stationären Krankenhausaufenthalt (5,9). Medikamentenfreisetzende Stents und Ballonangioplastie sind zwei Beispiele für minimalinvasive Revaskularisationsverfahren, die für Patienten mit einer Lebenserwartung von <2 Jahren eine Option sein können. Die vaskuläre Bypass-Operation erfordert eine längere Heilungszeit und wird daher nur bei Patienten mit einer Lebenserwartung von > 2 Jahren in Betracht gezogen (4,6). Selbst wenn eine Revaskularisation nicht möglich ist, kann ein medikamentöses Management mit Antikoagulation und Thrombozytenaggregationshemmern die Progression verlangsamen und eine Rolle bei der Analgesie spielen (4).
Die palliative Rolle der Amputation: Patienten mit CLI, die keine Kandidaten für eine Revaskularisation sind oder eine Gewebsnekrose aufweisen, können von einer Amputation als palliativer Intervention profitieren. Die Amputation ist mit verbesserten funktionellen Ergebnissen verbunden, aber auch mit erheblichen Nachteilen wie Phantomschmerzen, einer relativ hohen perioperativen Sterblichkeitsrate und dem Potenzial für Folgeamputationen (3,12,16). Eine wertorientierte, gemeinsame Entscheidungsfindung ist notwendig, um zu entscheiden, welche Interventionen empfohlen werden.
Analgetische Strategien: Anfänglich wird ILP klassischerweise als ein aktivitätsbedingter, schmerzender Schmerz beschrieben, der mit IC übereinstimmt. Mit der Zeit nimmt der Schmerz oft an Intensität zu und tritt in Ruhe oder im Schlaf auf, wenn kleine Positionsveränderungen ein Aufflammen des Schmerzes auslösen (17). Oft ist ein multimodaler analgetischer Ansatz erforderlich, der die oben beschriebenen krankheitsorientierten Maßnahmen und die unten beschriebenen symptombasierten Maßnahmen umfasst.
- Betreutes Training: Programme, die aus dreimal wöchentlich 30-45 Minuten Bewegung bestehen, wurden mit einer Verbesserung der Analgesie sowie der Gehstrecke in Verbindung gebracht (5,6,8,9).
- Intermittierende pneumatische Kompressionstherapie: Kleine Studien haben gezeigt, dass diese Geräte, die in der Regel das gesamte Bein bis zum Oberschenkel umschließen, die Wundheilung und Schmerzkontrolle verbessern können (10,11).
- Abhängige Beinlagerung: ILP verschlimmert sich oft, wenn die distale Extremität angehoben oder flach gelagert wird. Das Streben nach einer konsequenten Positionierung unterhalb der proximalen Extremität kann die Durchblutung fördern und Schmerzen reduzieren.
- Topische Analgetika: Topisches Morphin, Nitrate, Alpha-2-Rezeptor-Antagonisten oder Vasodilatatoren (siehe Fast Fact #327) werden von Experten oft als potenzielle Wirkstoffe für die CLI-Analgesie genannt (2); solche Therapien erfordern jedoch oft einen Apotheker, der sie zusammenstellt, und daher fehlen robuste klinische Studiendaten.
- Gabapentin kann helfen, wenn der Schmerz eine brennende oder neuropathische Komponente aufweist (7). Wegen der hohen Inzidenz von begleitenden Nierenerkrankungen ist oft eine nierengerechte Dosierung erforderlich (siehe Fast Fact #49). Andere neuropathische Wirkstoffe können ebenfalls wirksam sein, aber die Beweise dafür sind spärlich.
- Opioide: Schnell einsetzende intravenöse oder subkutane Opioide wie Fentanyl können über ein patientengesteuertes Analgetikagerät erforderlich sein, um Schmerzen bei CLI in einer zeitlich effektiven Weise zu behandeln. Bei IC können Kliniker versuchen, den Opioideinsatz zu minimieren. Bei CLI sollte angesichts der Komplexität und des Schweregrads der Erkrankung die Langzeitanwendung von Opioiden nicht als alleiniges Analgetikum eingesetzt werden, sondern in Verbindung mit Hilfsmitteln und nicht-pharmakologischen Therapien.
- Eine IV-Infusion mit einer Einzeldosis Ketamin zeigte in einer klinischen Studie Wirksamkeit bei der CLI-Analgesie (14).
- Cilostazol und Pentoxifyllin sind von der FDA für die Behandlung von IC zugelassen. Cilostazol 100 mg zweimal täglich ist wahrscheinlich effektiver als Pentoxifyllin in Bezug auf die Schmerzreduktion und die Maximierung der Gehstrecke; allerdings ist Cilostazol mit mehr Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Durchfall und Herzklopfen verbunden (6,8,9,15).
- Regionalanästhesie: Während interventionelle Analgetikastrategien, die geeignete Nerven oder Nervenbündel blockieren, als gezielte Analgetik für CLI erscheinen, kann selbst eine dichte Nervenblockade für diese Art von Schmerzen unzureichend sein (17). Bislang gibt es keine großen Studien, die die Wirksamkeit belegen, jedoch kann die Zusammenarbeit mit einem interventionellen Schmerzdienst in refraktären Fällen gerechtfertigt sein.
- Sonstige Therapien: Vorläufige Studien zu angiogenen Wachstumsfaktoren, hyperbarem Sauerstoff, L-Arginin und Rückenmarkstimulation haben einen Nutzen bei der Linderung der Extremitätenischämie gezeigt (1,3-6). Bei Patienten mit einer kurzen Prognose und nicht anhaltenden Schmerzen durch CLI trotz eines aggressiven multimodalen analgetischen Ansatzes muss möglicherweise eine palliative Sedierung in Betracht gezogen werden (siehe Fast Fact #107).
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Authors‘ Affiliations: University of Michigan, Ann Arbor, MI
Interessenkonflikte: Keine gemeldet
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